Mikroelektronik-Experte Herbert Reichl wird 73

Berlin /

Kaum ein Wissenschaftler hat das Systemverständnis in der Mikroelektronik so nachhaltig geprägt wie Herbert Reichl. In der Fachwelt gilt er weit über seinen Ruhestand hinaus als Kapazität im Bereich der Integration mikroelektronischer Komponenten und der Aufbau- und Verbindungstechnik. Am heutigen 12. Januar wird er 73 Jahre alt. Wir gratulieren!

Herbert Reichl
Herbert Reichl

Herbert Reichl gilt als einer der ersten, der die Bedeutung des Packaging für die Mikroelektronik und Mikrosystemtechnik erkannte und mit innovativen, wegweisenden Ideen die Verbindung zwischen erstklassiger Grundlagenforschung und der Entwicklung für industrielle Anwendungen schuf.

Dabei schaut Reichl auf eine beeindruckende Schaffenszeit zurück. Geboren 1945 promovierte er nach seinem Studium der Elektrotechnik an der TU München 1974 bei Prof. Ruge am Institut für Integrierte Schaltungen. Anschließend arbeitete er am Fraunhofer-Institut für Festkörpertechnologie. 1987 folgte er dem Ruf auf eine C4-Professur an der TU Berlin und übernahm dort die Leitung des Forschungsschwerpunktes „Technologien der Mikroperipherik“. 1993 übernahm er zusätzlich die Leitung des Fraunhofer-Instituts für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM in Berlin, das heute eine der weltweit ersten Adressen für die Systemintegration und produktorientierte Entwicklung von Aufbau- und Verbindungstechniken (Packaging) für Mikroelektronik und Mikrosystemtechnik ist.

Für seine herausragenden Leistungen erhielt Herbert Reichl das Bundesverdienstkreuz (2000), die Ehrendoktorwürde der Universität Chemnitz und wurde zum IEEE Fellow. Für seine außerordentlichen Verdienste in Forschung und Entwicklung in der Fraunhofer-Gesellschaft wurde er außerdem mit der Fraunhofer-Münze ausgezeichnet. In Anerkennung seiner Lebenswerkes auf dem Gebiet der Mikroelektronik/ Mikrosystemtechnik als Wegbereiter für Innovation und Kreativität erhielt der 65-Jährige von der IEEE Components, Packaging and Manufacturing Technology Society und von iNEMI jeweils die Auszeichnung „Special Presidential Recognition“. Er ist seit 2006 Träger des Goldenen Ehrenrings, der höchsten Auszeichnung des VDE. Für maßgebliche Beiträge zur Herstellung von Elektronik erhielt er 2007 den Electronics Manufacturing Technology Award der CPMT sowie 2010 den IEEE Components, Packaging & Manufacturing Technology Award.

Integration war nicht nur Herbert Reichls Fachthema, Integrator war auch er selbst: Reichl gelang es mit dem IZM, das erste »gesamtdeutsche« Institut am Forschungsmarkt zu etablieren: Die Mitarbeiter der Gründungsabteilungen entstammten ost- und westdeutschen Forschungseinrichtungen. Reichl machte das Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM zu einer führenden Ideenschmiede für Packaging und integrierte Systeme und erwarb sich immense wissenschaftliche Verdienste. Unter seiner Anleitung entstanden 99 Dissertationen, über 500 Patente und mehr als 900 Publikationen. Der Erfolg wurde auch möglich, weil Reichl seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter immer verdeutlichen konnte, dass Inhalte zählen, nicht die Herkunft.

Mit Gespür für klugen Interessensausgleich verfolgte Reichl ab 1996 als Direktoriumsvorsitzender im Fraunhofer-Verbund Mikroelektronik mit Erfolg die Idee, eher über künftige Märkte zu reden und Strategien zu bündeln, anstatt das Alltagsgeschäft der konkurrierenden Institute zu koordinieren.

Das Fraunhofer IZM umfasste damals mit Berlin, München, Chemnitz, Teltow, Paderborn und Oberpfaffenhofen ein ganzes Mikroelektronik-Imperium. Doch hieß integrieren bei Herbert Reichl nie vereinnahmen. Er war stets darauf bedacht, dass sich die Arbeitsgebiete selbstständig weiterentwickeln konnten.

Groß war auch Reichls Engagement in der Lehre. Sein Modellversuch »Projektlabor«, anfangs von manchen als »Bastelstunde« verspottet, ist heute integraler Bestandteil des Bachelorstudiengangs Elektrotechnik. Reichl konnte Begeisterung wecken und die Abbrecherquote in seinem Fach verringern. Seine Vorlesungen blieben ihm bis zum Schluss »heilige« Termine, und die Studierenden verliehen ihm Bestnoten.

Herbert Reichl gilt auch nach seiner Zeit als Institutsleiter als gefragter Experte in Sachen Electronic Packaging. So war er im Auftrag des BMBF als Gutachter für die Fortführung des EUREKA Programmes „CATRENE“ tätig und betreut weiterhin Promotionen an der TU Berlin. 

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