Forschungspreis für schnellere und störungsfreie Datenübertragung

Berlin /

Fraunhofer IZM ehrt Dr.-Ing. Ivan Ndip

v.l.n.r. Dr. Martin Schneider-Ramelow (Vorsitzender des Preiskomitees), Dr. Ivan Ndip, Prof. Klaus-Dieter Lang (Institutsleiter Fraunhofer IZM)

Im Informationszeitalter, in dem jeder ständig online ist, werden durch YouTube, Facebook & Co. jeden Tag unvorstellbare Datenmengen in Sekundenschnelle ausgetauscht. Doch wie ist es technisch überhaupt möglich, immer größere Datenmengen immer schneller und vor allem zuverlässig und störungsfrei zu senden und zu empfangen? Dieser Frage geht Dr. Ivan Ndip nach und konzentriert sich dabei insbesondere auf die elektromagnetische Modellierung, Messung und Optimierung von integrierten Antennen und kompletten Signalpfaden, z. B. von Chip-zu-Chip oder Chip-zu-Leiterplatte in elektronischen Systemen. Der Hochfrequenztechnik-Experte wird in diesem Jahr mit dem Forschungspreis des Fraunhofer IZM ausgezeichnet.

Hintergrund

Beim drahtlosen Austausch von Daten zählen Antennen zu den wichtigsten Bestandteilen aller internetfähigen Geräte. Sie ermöglichen nicht nur den drahtlosen Datenaustausch, sondern sind auch maßgeblich für die Qualität der übertragenen Signale verantwortlich. Um nun noch kleinere drahtlose Geräte und Systeme entwickeln zu können, ist es notwendig, die Integrationsdichte der Antennen und der anderen Systemkomponenten zu erhöhen. Dies führt allerdings zu einer starken elektromagnetischen Wechselwirkung, die zu einer Verschlechterung der Systemeigenschaften und zu Problemen beim Datenaustausch führen kann. Um dies zu vermeiden, sind bereits am Anfang des Entwurfsprozesses zuverlässige Maßnahmen zum Entwurf und zur Optimierung von integrierten Antennen zu treffen. Dieses wichtige Gebiet wurde von Dr. Ivan Ndip in seine Forschungsgruppe eingeführt.

Doch bevor die Daten drahtlos zwischen den verschiedenen Geräten ausgetauscht werden können, müssen sie zunächst zuverlässig und störungsfrei von den Komponenten des Systems verarbeitet werden. Für die systeminterne Kommunikation spielen Signalpfade, die die Komponenten miteinander verbinden, eine entscheidende Rolle. Diese Signalpfade bestehen aus verschiedenen Verbindungselementen wie z. B. Drahtbonds, Leitungen mit Knicken und Durchkontaktierungen in einem Interposer (Chipträger), Verbindungen zwischen Interposer und Leiterplatten sowie weiteren Leitungen auf der Leiterplatte. Die Signalpfade enden an den Anschlüssen der anderen Komponenten wie z. B. Antennen, Chips oder Schnittstellen im Gerät. Damit die Chips größere Datenmengen schneller verarbeiten können, werden die Arbeitsfrequenzen von neuen IC-Generationen ständig erhöht. Mit steigenden Frequenzen wird es jedoch immer schwieriger, Signalpfade zu entwerfen, die eine schnelle Datenübertragung störungsfrei ermöglichen. Problem hierbei sind insbesondere die von den Verbindungselementen verursachten Signalintegritätseffekte, etwa Reflexionen, Dämpfung, Überkopplung und Verzögerungen, die dazu führen können, dass der systeminterne Informationsaustausch nicht (fehlerfrei) funktioniert.

Preisträger Dr.-Ing. Ivan Ndip

Schon vor mehr als 10 Jahren erkannten Dr. Ivan Ndip und sein Doktorvater Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E. h. H. Reichl, dass beim Entwurf von mikroelektronischen Systemen die Signalintegrität in Zukunft immer wichtiger werden würde. Während seiner Doktorarbeit entwickelte Ndip neue Verfahren zur akkuraten und effizienten elektromagnetischen Modellierung komplexer Signalpfade, die unter Berücksichtigung von Signalintegritätseffekten bei GHz-Frequenzen den systematischen Entwurf sowie dessen Optimierung erlauben. So können die kritischen Verbindungelemente sehr früh in der Entwicklungsphase – bereits vor Entstehung des Layouts – identifiziert und Signalintegritätsprobleme beseitigt werden. Ferner hat Ndip in seiner Doktorarbeit einen neuen Entwurfsansatz entwickelt, den so genannten M3-Ansatz (Methoden, Modelle, Maßnahmen). Dieser ermöglicht eine optimale und kostengünstige Entwicklung integrierter Antennen und anderer Systemkomponenten, wie z. B. elektronischer Chip-Gehäuse, Leiterplatten und kompletter Hochfrequenz-/High-Speed-Module. Damit hat der diesjährige Forschungspreisträger einen wichtigen Beitrag zur schnellen und zuverlässigen Übertragung großer Datenmengen innerhalb von und zwischen elektronischen Geräten bzw. Systemen geleistet.

Mit seinen Forschungsergebnissen trifft Dr. Ivan Ndip den Puls der Zeit. Nicht nur im Bereich der Informationstechnologien ist er ein gefragter Experte. Sein Knowhow kommt überall dort zum Einsatz, wo Signale störungsfrei und zuverlässig übertragen werden müssen, wie beispielsweise in den Bereichen Medizin, Sicherheit und Anwendungen in der Automobiltechnik.

Seit über sechs Jahren setzen Ndip und die wissenschaftlicher Mitarbeiter seiner Forschungsgruppe „RF & High-Speed System Design“ am Fraunhofer IZM das von ihm entwickelte Verfahren für komplette Signalpfade und den M3-Ansatz erfolgreich um, um Lösungen für zahlreiche nationale und internationale Firmen, wie z. B. COGO Optronics, Juniper Networks, Agilent Technologies, BMW, Balluff GmbH, EPT GmbH, VI Systems, Nanotron Technologies, Basler AG und CeramTec, anzubieten. Er arbeitet auch eng mit Leiterplatten-Firmen wie z. B. der CONTAG AG sowie Herstellern von Systemen und Komponenten auf der Basis von Keramik- und Glassubstraten, etwa der AFT Microwave GmbH und der Schott AG, zusammen. Unter dem Motto „Innovation durch Verständnis“ schaffen die Forscher um Ndip, was sonst nur in mehreren kostspieligen Entwicklungszyklen gelingt: die Entwicklung von optimalen, zuverlässigen und kosteneffizienten Designs.

Auch bei internationalen Fachgremien und Konferenzen hat sich Dr. Ivan Ndip in den letzten Jahren einen Namen gemacht. So leitet er das Signal- und Powerintegritätskomitee bei der „International Microelectronics and Packaging Society (IMAPS)”. 2011 und 2012 war er Technical Co-Chair für Europa bei den 44. und 45. „International Symposiums on Microelectronics“ in Long Beach und San Diego, Kalifornien (USA). 2013 übernimmt er die gesamte technische Leitung der Konferenz als Technical Chair des 46. „International Symposium on Microelectronics (IMAPS 2013)“, das vom 29. September bis 3. Oktober 2013 in Orlando, Florida stattfindet. Diese jährlich in den USA stattfindende IMAPS-Konferenz ist mit über 1000 Teilnehmern das größte Treffen von Fachleuten aus Industrie und Forschung aus den Bereichen Mikroelektronik und Packaging weltweit. Darüber hinaus hat Ndip schon zwölf Mal Fachsessions auf internationalen IEEE- und IMAPS-Konferenzen in Europa, Asien und den USA geleitet. Seit 2008 ist er Dozent an der Technischen Universität Berlin. Er hat bisher 30 Diplom-, Master- und Studienarbeiten sowie 5 Doktoranden betreut. Ivan Ndip ist zudem Senior Member von IEEE und hat bereits über 115 wissenschaftliche Publikationen als Autor und Koautor verfasst und mehrere Best-Paper-Auszeichnungen gewonnen.

Preisverleihung

Dr. Ivan Ndip, der seit über 10 Jahren auf diesem Gebiet forscht, erhält den Forschungspreis des Fraunhofer IZM für „Methoden, Modelle und Entwurfsmaßnahmen zur elektromagnetischen Optimierung von Hochfrequenz- und High-Speed-Systemen“. In Anwesenheit des Institutsleiters, Prof. Dr.-Ing. Dr. sc. techn. Klaus-Dieter Lang sowie zahlreicher Wegbegleiter und Industriepartner wurde ihm der Preis am 19. Dezember 2012 im Kosmos Berlin überreicht.

(Text: Marina Müllen)

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