Interview zum Jahresrückblick mit Rolf Aschenbrenner

Abteilungsleitung System Integration & Interconnection Technologies

Fraunhofer IZM: Sehr geehrter Herr Aschenbrenner, wir freuen uns sehr, dass Sie die Highlights und Downlights Ihres Jahres 2019 für uns zusammenfassen. Aber beginnen wir doch erstmal mit Ihnen. Von einer Skala von 1-10, wie zufrieden sind Sie mit den Ergebnissen Ihrer Abteilung?

Rolf Aschenbrenner: Hmm: 9!

IZM: Das ist ja schon wirklich sehr gut.

RA: Ja, ich bin sehr zufrieden. Für eine Abteilung ist leider Gottes immer auch die finanzielle Situation wichtig und die ist überragend. Ich habe in über 20 Jahren Abteilungsleitung am Fraunhofer IZM nun schon wirklich viel erlebt, aber so ein gutes Jahr hatte ich noch nicht.

IZM: Und warum dann keine 10?

RA: Na ja, man kann´s noch besser machen. (Lachen)

IZM: Also 9 mit Sternchen. (Lacht) Die wichtigsten Worte haben Sie damit ja auch schon zusammengefasst, aber kommen wir nun mal zu den Details. Wenn man so zurückblickt, gibt es ein Erfolgsprojekt 2019, womit Sie sich am meisten beschäftigt haben?

RA: Eine der größten Erfolgsgeschichten war der Abschluss unseres ersten Panel Level Packaging Konsortiums gleich zu Beginn des Jahres mit dem Abschlussmeeting im Januar und Februar.  Es war toll, dass wir so ein internationales Konsortium auf die Beine gestellt haben. Es durchzuziehen und auch die Ergebnisse, die dabei erzielt wurden, finde ich sehr gut. Und man sieht den Erfolg des Projekts, da wir mit dem nächsten Konsortium in fast ähnlicher Konstellation weitermachen werden.

IZM: Können Sie schon etwas Genaueres verraten? Wer wieder dabei ist oder auch wer neu dabei ist?

RA: Ja. Intel ist wieder dabei und das ist sehr wichtig. Material – und Leiterplattenhersteller sind auch wieder dabei, aber Intel ist vor allem als internationaler Partner sehr wichtig. Im ersten Jahr haben wir uns dabei sehr stark entlang einer Prozesskette gehangelt und sind dabei auch an unsere Grenzen gestoßen – vor allem in der Fertigungsmenge. PLP 2.0 soll daher auch seitens der Partnerwünsche mehr fundamentale Probleme lösen, bei denen man sich einzelne Produktionsprozesse rausgreift und diese dann für die Partner aufbereitet und unsere Arbeitsschritte gemeinsam transparent macht.

IZM: Die Vorgehensweise ist ja auch eher Fraunhofer- like: Nicht auf so große Massen, sondern mehr wissenschaftliches Learning weitergeben. Okay, aber gab es noch ein technologisches Projekt hier aus dem Haus, welches Sie hervorheben würden?

RA: Wir sind im Augenblick 160 Mitarbeiter und unterteilt in acht Gruppen. Da ist es natürlich ungemein schwer, immer ein Projekt rauszugreifen, weil vielleicht 50 Projekte gleichzeitig laufen. Ich denke, jeder hat seine speziellen Themen und Gebiete und die sind auch öffentlich sehr erfolgreich. Das Ziel ist, die Balance zu halten, um das Fraunhofer-Modell zu erfüllen. Das heißt, 40 Prozent Industrieertrag zu erfüllen und dann noch den Rest mit öffentlichen Projekten aufzufüllen. Und das haben wir ganz gut hinbekommen, finde ich. Und das ist auch ganz wichtig, denn wenn man nur nach Industriewünschen arbeitet, sind die Mitarbeiter auch einem viel größerem Druck ausgesetzt.

IZM: Klingt so als würde es da für dieses Jahr noch genug weitere Themen geben, die für Sie und die einzelnen Gruppen in der Abteilung spannend sein können. Welche Themen wären das?

RA: Nach wie vor wichtig für uns bleibt das Thema Panel in Kombination mit dem Chip Embedding – sowohl in Molding Compounds, aber auch in Leiterplatten. Also wir haben das ganze Thema vor zehn Jahren begonnen und konnten uns dank der Förderung des Landes Berlin im AdaptSys-Projekt auch die richtigen Geräte zulegen. Das hat uns nochmal einen deutlichen Pusch gegeben. Und das Alleinstellungsmerkmal, welches wir uns hier weltweit erarbeitet haben, soll in den kommenden Jahren natürlich weiter ausgebaut werden. Alleinstellungsstellungmerkmal in der Wissenschaft darum, weil wir als einziges Institut weltweit die Prototypenproduktion von organischen Trägern als Systemintegration realisieren können. Und das versuchen wir, weiter auszubauen.

Das zweite große Thema ist die Leistungselektronik. Dieser Bereich ist deshalb so wichtig, weil die deutsche Industrie hier sehr stark ist. Der Trend zur Verkleinerung der Module ist weiterhin da und wird auch künftig von großer Bedeutung sein. Außerdem existiert großes Bestreben, die Module bzw. die Inverter in diesem Bereich weiter zu miniaturisieren. Heterogeneous Integration, also verschiedene Bauelemente in einem möglichst flachen package zu integrieren, ist hier die große Herausforderung. Und diese wird ziemlich erfolgreich bewältigt. Das lässt sich daran zeigen, dass die einzelnen Gruppen, wie die Leistungselektronik, die metallischen Verbindungstechnologien und die Chip- und Drahtbonden hier stark zusammenarbeiten und somit im Vergleich zu anderen Abteilungen eine autarke Wertschöpfungskette existiert.

Des Weiteren sind auch Optik und Photonik an dieser Stelle nennenswert. Diese Themen erfreuen sich seit Kurzem steigender Relevanz und Beliebtheit in der Industrie und werden daher in den kommenden Jahren definitiv im Fokus stehen.

Abschließend muss noch einmal die Arbeit mit flexiblen Substraten für die Medizintechnik sowie die Bioelektronik hervorgehoben werden. Diese Themen sind für die Abteilung eine wunderbare Ergänzung. Von daher sind das die vier wichtigen großen Themen.

IZM: Und wenn man das auf allgemeinverständliche Anwendungen runterbrechen würde, sind Sie mit Ihrer Abteilung ja überall vertreten, oder?

RA: Ja genau. Der Automotive-Bereich deckt die Leistungselektronik ab. Photonik und Optik stecken überall drin, wo Licht, Optik, für die hohe Datenübertragung, eine Rolle spielen und wird in Rechenzentren und der aktuell sehr gefragten Cloud-Kommunikation dargestellt. Medizintechnik wird auch immer wichtiger, beispielsweise mit den Fragen, wie können wir Mediziner und Medizinerinnen entlasten. Fachärztemangel etc. Also da sind wir absolut breit aufgestellt und das ist auch ein Riesen-Vorteil für uns. Das heißt, wenn mal ein Industriezweig wegbricht, spüren wir das nicht so stark. Wir agieren also nicht als eine nacheinander aufgebaute Prozesskette, sondern eher wie autarke einzelne Parts entlang der Wertschöpfungskette, die einzeln weiterarbeiten können.

IZM: Aber sind wir mal ehrlich, es gibt immer Stolpersteine. Auch wenn Sie nicht im Detail drüber reden dürfen oder wollen, was könnte 2020 besser laufen?

RA: Der steigende administrative Aufwand ist deutlich zu spüren. Das ist nicht durch unsere Verwaltung verursacht, sondern vor allem auf den veränderten Anspruch an die Projektplanung zurückzuführen und das macht sich nun langsam in den einzelnen Abteilungen bemerkbar. Für das kommende Jahr wünsche ich mir daher weniger Logistik und dafür mehr Dialog zwischen und auch innerhalb der Einheiten, denn Innovation entsteht nun mal auf Grundlage guter Kommunikation.

IZM: Und zu guter Letzt: Wenn Sie sich aussuchen könnten, wofür Ihre Abteilung steht, was wäre das?

RA: Das lässt sich leicht mit einem Wort nennen – Diversität – sowohl bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als auch bezüglich der Themen. Menschen verschiedenster Erfahrungsbereiche können autark die unterschiedlichsten Projekte bearbeiten und auf der anderen Seite ist der Raum für den Austausch von Erfahrungen gegeben. Somit kann man sich stets gemeinsam fortbilden und steckt nicht immer im gleichen Topf fest.

Ein tolles Schlusswort. VIELEN DANK für Ihre Zeit und auch die vielen Projekte in der angewandten Forschung, die Sie und Ihr Team umsetzen.

Rolf Aschenbrenner

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Dipl.-Phys. Rolf Aschenbrenner

Abteilungsleitung

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