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Mehr Power für die Offshore-Windkraft

Berlin /

Aluminium-Scandium-Legierung
© Fraunhofer IZM
Die Aluminium-Scandium-Legierung im Einsatz, gebondet auf einem Leistungshalbleiter

Knapp 800 Windkraftanlagen (Quelle: Stiftung Offshore-Windenergie) in der deutschen Nord- und Ostsee drehen ihre Rotorblätter für die Energiegewinnung. Ein Umrichter, quasi die Schaltzentrale in jeder Anlage, wandelt die Gleichspannung in Wechselspannung um, und macht die Energie so für das Stromnetz nutzbar. Die Herausforderung: Bei jedem Schaltvorgang wird Wärme erzeugt, was dazu führt, dass sich Bonddraht und Halbleiter im Umrichter ausdehnen – jedoch in unterschiedlichem Umfang. Die Folge sind Rissbildungen im Bonddraht, der sich schließlich vom Halbleiter löst und so nicht länger als elektrische Brücke zum Chip dienen kann.

Damit der Powerelektronik in Offshore-Windkraftanlagen nicht die Puste ausgeht, wurde der Aluminium-Bonddraht für solche Temperaturwechsel gerüstet. Den Grundstein dafür legte ein Projekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Fraunhofer IZM und der TU Berlin entwickelten gemeinsam mit dem Bonddrahthersteller Heraeus eine Aluminium-Scandium-Legierung. Legierungen dieser Art kommen bereits in der Luft- und Raumfahrttechnik und im Sportgerätebereich zum Einsatz. Im Nachfolgeprojekt HotAL (Hochtemperaturoptimierte Al-Bondtechnik für Offshore Anwendungen) wurde nun die Aluminium-Scandium-Legierung am Fraunhofer IZM dem Praxistest unterzogen und auf die Bedürfnisse von Windkraftanlagen abgestimmt. Doch warum gerade Scandium? „Das Leichtmetall hemmt die Grenzflächenbewegung bei thermischer Belastung“, erklärt Dr. Ute Geißler, Koordinatorin des Projekts. Der Draht wird also fester und widerstandsfähiger gegenüber wechselnden Wärmeeinwirkungen, wie sie beispielsweise in Umrichtern auftreten.

Scandium ist ein Metall mit Potenzial – wenn man es zu nutzen weiß. Denn: Wird die Legierung wärmebehandelt, verändert sich ihre Mikrostruktur und damit das Wechselspiel zwischen Scandium-Teilchen und Drahtgefüge. Es galt also herauszufinden, welche Verteilung für die Anwendung in Windkraftanlagen am besten geeignet ist. So gelang es durch Testreihen am Fraunhofer IZM, die Lebenszeit gegenüber herkömmlichen Aluminium-Bonddrähten um das Zehnfache zu verlängern. Auch wenn das Verbund-Projekt HotAL seinen Fokus auf die Powerelektronik in Offshore-Windkraftanlagen richtet, so sind die Einsatzmöglichkeiten weitaus größer. „Auch in den Bereichen Photovoltaik, Automotive und der Industrieelektronik kann die Legierung die Leistungsfähigkeit von Power-Modulen erheblich verbessern“, erklärt Geißler. 

(Text: Eva Baumgärtner)

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