Bund fördert Forschungsprojekt des Software Innovation Campus Paderborn

Nachhaltige und höchste Rechenleistung dank Windenergie

Paderborn /

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© Frauhofer IZM | Volker Mai

Hochleitungsrechnen, auch High-Performance Computing (HPC) genannt, ist mittlerweile eine wichtige Methode in vielen wissenschaftlichen Bereichen wie etwa der Medikamenten- oder Klimaforschung. Die Rechenzentren mit energieintensiven Supercomputern setzen jedoch Einiges an CO2 frei. „Energieoptimierte Supercomputer-Netzwerke durch die Nutzung von Windenergie“ (ESN4NW): Hinter diesem Titel verbirgt sich ein neues, bundesweites Verbundprojekt unter der Leitung des SICP – Software Innovation Campus Paderborn an der Universität Paderborn. In Kooperation mit dem SICP-Mitgliedsunternehmen WestfalenWIND IT entstand die Idee, eine neue HPC-Infrastruktur mit einem nachhaltigen Konzept zu entwickeln. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Projekt nun für die nächsten drei Jahre mit rund 2,5 Millionen Euro. Zum Konsortium gehören außerdem die Universität Passau, das Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM sowie die Unternehmen AixpertSoft GmbH, Rittal, Atos Deutschland und Zattoo.

Neue Infrastruktur mit Rechenzentren in Windkraftanlagen

Gemeinsam erforschen und demonstrieren die Verbundpartner das Potenzial sogenannter „windCORES“. Das sind Windräder, die in ihren Türmen Rechenzentren beherbergen und diese mit dem vor Ort erzeugten Windstrom nahezu klimaneutral versorgen. Ziel des Vorhabens ist es, die Infrastruktur und Betriebsführung eines HPC-Clusters innerhalb mehrerer Windenergieanlagen (WEA) zu entwickeln. Die direkte, lokal verfügbare erneuerbare Energie soll dabei in die Betriebsführung eingehen, um sie maximal zu nutzen. Zusätzlich soll auch die entstehende Abwärme als limitierender Faktor berücksichtigt werden.

Zur Demonstration soll ein alternativer – über den Stand der Technik hinausgehender – Architektur-Ansatz verfolgt und umgesetzt werden. Die Projektpartner entwickeln eine Infrastruktur, die durch intensive Datennutzung und Methoden der künstlichen Intelligenz (KI) über eine Betriebsplattform kontinuierlich die Rechenleistung des dezentralen HPC-Clusters anpasst. Der Cluster verteilt sich über mehrere WEA und muss die schwankende Energieverfügbarkeit optimal ausreizen. Außerdem erforscht das Vorhaben die Auswirkung unterschiedlicher Architekturen und Betriebsstrategien auf die Nachhaltigkeitsbewertung des Zielsystems. Für die KI-gestützte Betriebsführung werden Verhaltens- und Vorhersagemodelle zur Infrastruktur und dem lokalen Energienetz benötigt, die noch nicht verfügbar sind. „Die wissenschaftlichen und technischen Herausforderungen des Vorhabens liegen unter anderem in der intensiven Datenerschließung und -nutzung (Energienetz & Infrastruktur), in der Integration künstlicher Intelligenz in Regelkreisläufe, sowie in der systemischen Zusammenführung aller Modelle mithilfe eines digitalen Zwillings“, erläutert Dr. Gunnar Schomaker, Manager im SICP. „Im Mittelpunkt stehen dabei Vorhersagen zur wetterabhängigen lokalen Energieverfügbarkeit, sowie präzise Verhaltensmodelle aller in Wechselwirkung stehender Gewerke bezüglich ihrer Leistungsaufnahme und Wärmeabgabe“, so Schomaker weiter.

Innovatives Konzept mit intelligenter Schaltung

Eine Besonderheit und Innovation des Projekts ist es, dass der Turm einer WEA als potenzielle Wärmesenke eingebunden wird, wenn kein Abwärme-Nehmer vorhanden ist oder dieser die Abwärme gerade nicht benötigt. Der Turm kann die Abwärme der IT-Systeme dann aufnehmen und herunterkühlen. Diese Funktion soll gemeinsam mit der Energieverfügbarkeit als Leitlinie für den Betrieb des HPC-Clusters genutzt werden. Das bedeutet konkret: Das System läuft nur, wenn erneuerbare Energie verfügbar ist und Abwärme nahezu CO2 neutral abgeführt werden kann. Zunächst liegen die Schwerpunkte in dem Vorhaben auf der technischen und wirtschaftlichen Machbarkeit, der funktionalen und didaktischen Demonstration der Betriebsführung sowie der Nachhaltigkeitsbewertung des Systems im erweiterten Systemlebenszyklus. Die angestrebten Ergebnisse sollen aber nicht nur für WEA, sondern auch für weitere HPC-Systeme mit Abwärme-Erzeugern und Abwärme-Nutzern übertragbar sein.

„Das Vorhaben adressiert im besonderen Maße die Herausforderungen der Energiewende und Digitalisierung. Wir wollen zeigen, dass der steigende Energiebedarf der Digitalisierung keine Sackgasse für mehr Nachhaltigkeit bildet und dass diese Wachstumsbedarfe auch zeitlich und räumlich flexibel durch regenerative Energien abgedeckt werden können“, beschreibt Dr. Fiete Dubberke, Geschäftsführer von WestfalenWIND IT, die Projektziele. „Dabei stellen wir uns folgende Fragen: Wie können wir mit Abwärme aus den unterschiedlichsten Industriebereichen umgehen, sie also nutzen? Welche Systeme aus Erzeugern und Nutzern sind dabei sinnvollerweise zu verbinden und welche Aufgaben können Methoden der künstlichen Intelligenz übernehmen?“, führt Schomaker aus. Das mit dem „Deutschen Rechenzentrumspreis“ prämierte „wind-CORES“-Konzept habe bereits gezeigt, dass eine Verschmelzung einer WEA mit einem Rechenzentrum auch wirtschaftlich erfolgreich umgesetzt werden kann.
 

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