Neues Zentrum für Mikroelektronik-Anwendungen von morgen

Berlin /

Wirtschafts-Senatorin Cornelia Yzer im Gespräch mit Institutsleiter Klaus-Dieter Lang

Endprodukte und Mikroelektronik werden miteinander eins – das verspricht ein neues Zentrum, in das die Europäische Union, das Land Berlin, das Bundesforschungsministerium sowie die Fraunhofer-Gesellschaft rund 40 Millionen Euro investieren. In dem Zentrum namens „AdaptSys“* werden Methoden und Verfahren entwickelt, die es ermöglichen, dass beliebige Produkte wie Autositze, Werkzeuge, Küchengeräte und selbst Textilien nicht wie bislang gefertigt und Elektronik sowie Sensorik nachträglich montiert werden müssen. Stattdessen werden die elektronischen Systeme bereits während des Herstellprozesses integriert, herkömmliche Bestandteile des Endprodukts werden dabei funktional beteiligt.

Hierdurch lassen sich Wertschöpfungsketten enger verzahnen und übergreifende Synergien zwischen teilweise artfremden Branchen erreichen. Das schafft Wettbewerbsvorteile für kooperierende Industrieunternehmen und Arbeitsplätze. Allein im Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM, in dem das Zentrum entsteht, werden damit in Berlin langfristig über 200 Arbeitsplätze gesichert.

Wertschöpfungsketten schließen
Beispiel Automobilindustrie: Bis ein elektronisches Modul – etwa ein Radarsensor – seinen Weg ins Fahrzeug findet, durchläuft es unter enormem Kostendruck die Stationen Konzept, Entwicklung, Produktion, Integration und Montage und überwindet dabei mitunter bis zu drei Kontinente. Damit hierbei künftig Innovationen nicht auf der Strecke bleiben, lässt sich der Sensor beispielsweise durch Einbetttechnologien des AdaptSys-Zentrums direkt in die Einbaustelle im Fahrzeug integrieren. Zusätzliche Montageschritte entfallen, Fertigungskosten werden um bis zu einem Drittel reduziert und Hersteller wie Zulieferer können ein höherwertiges und zuverlässigeres Produkt anbieten.
Auf diese Weise trägt das Zentrum dazu bei, innovative Technologieentwicklungen gezielt an den Markt zu bringen. Denn lange Zeit folgten Innovationsprozesse in der Mikroelektronik einem anwendungsneutralen Modell: Halbleiterfirmen stellten, ohne spezifische Bedürfnisse der Endprodukte zu berücksichtigen, Chipstrukturen zur Verfügung, die von Zulieferern in Elektronikmodule verwandelt und schließlich vom Hersteller zum Produkt geführt wurden (Technology Push). Dieses Vorgehen war einzig auf den technologischen Fortschritt in der Halbleiterindustrie abgestellt und nur durch diesen legitimiert. Die Endprodukte hatten den Bedingungen der Elektronikindustrie zu folgen.
Für den Hersteller der Endprodukte hatte diese Vorgehensweise neben langen Innovationszyklen den Nachteil, dass sich nicht selten erst im Laufe einer Technologieentwicklung klärte, welche marktfähigen Produkte sich dadurch überhaupt sinnvoll realisieren ließen.

Mit der immer stärkeren Orientierung auf die spezifischen Anwendungsanforderungen sind nun andere Innovationspfade möglich. Im AdaptSys-Zentrum wird dieser Prozess umgekehrt und der Anwender und sein Produkt in den Mittelpunkt gestellt. Prof. Klaus-Dieter Lang, Leiter des Zentrums und Institutsleiter des Fraunhofer IZM: „Hersteller und Produktentwickler können vorgeben, welche Eigenschaften die Elektronikstrukturen besitzen müssen. Unsere Experten entwickeln daraufhin gemeinsam mit diesen und den Halbleiterunternehmen Technologien, mit denen Elektronik z.B. dehn-, wasch- und bügelbar wird oder bei extremen Temperaturwechseln von zum Teil 400 °C zuverlässig funktioniert oder auf Korngröße schrumpft. So entstehen Technologien und Produkte, deren Wettbewerbsfähigkeit schon während der Entwicklung klar definiert ist. Zudem verfügen unsere Fraunhofer-Forscher dank der engen Verzahnung von Forschung, Entwicklung  und Anwendung über ein permanent wachsendes Produkt-Knowhow und können damit ganze Branchentrends mitgestalten.“

Inhaltlich wird sich das Zentrum AdaptSys auf Entwicklungen für die Medizin-, Energie- und Sicherheitstechnik sowie die Sensorik für die Industrieelektronik konzentrieren, die gerade in Berlin von großer Bedeutung sind. So sollen beispielsweise dehnbare Sensorbandagen zur Verkürzung der Wundheilung oder 3D-Solarzellen für beliebige Formen möglich sein.

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